Michel Birbaek: Die Beste zum Schluss

23 Sept

„Wie konnte Verliebtheit nur so eine Ikone werden? Sie ist der Grund für die idiotischsten Handlungen meines Lebens.“

Es gibt wenige Bücher, über die man sagen kann, dass sie bei allen Amazon-Bewertungen 5 Sterne erhalten haben – „Die Beste zum Schluss“ von Michel Birbaek ist eines davon. Das macht natürlich neugierig…

Der Protagonist, Mads, wurde von seiner Freundin verlassen, und zwar auf reichlich spektakuläre Weise: Ihre Hälfte der Möbel fehlt einfach eines Tages. Frustriert und auf die Liebe schimpfend verbringt er die Silvesternacht auf einem Partyschiff, wo er Rene, eine alte Freundin aus Kindertagen, wiedertrifft. Sie ist mittlerweile alleinerziehende Mutter zweier Kinder. Die beiden beschließen, eine WG zu gründen, um Familienleben ohne den ganzen Beziehungsstress zu haben – genau das, was Mads sucht. So lange, bis plötzlich Eva auftaucht und er sein praktisches Konzept überdenken muss…

Die Idee an sich gefiel mir ausnehmend gut. Eigentlich doch eine praktische Sache, so ein bisschen heile Familienwelt, ohne dass man sich gefühlsmäßig allzu sehr verstricken könnte. Schwierig wird es da, wo die  Protagonisten unfähig scheinen, erwachsen werden zu wollen. Mit Ende 30 und zwei Kindern kann es kompliziert werden, wie ein 20jähriger Student zu leben und zu feiern. Trotzdem ist die Geschichte an sich lesenswert, weil sie eine Hommage an die Freundschaft ist. Auch sprachlich gesehen kann Birbaek in weiten Teilen wirklich überzeugen. Insbesondere die ersten Seiten, in denen er sich über die Sinnlosigkeit von Verliebtheit auslässt, sind wunderbar zynisch und witzig, die sprachlichen Spielereien sind bemerkenswert für einen Nicht-Muttersprachler. Relativ steif waren hingegen die Dialoge, was möglicherweise daran liegt, dass der Autor versucht, die Gespräche sehr realistisch widerzugeben – eben so, wie man in einer realen Unterhaltung sprechen würde. Das funktionert bei Büchern oft nur bedingt, weil es sehr abgehackt und kurz angebunden wirkt („Tu das nicht!“ – „Was?“ – „Das!“ – „Okay.“ – „Ich werd mich ändern.“ – „Gut.“)

Das Ende des Buches, so viel sei verraten, ist plötzlich zuckersüß wie die Art von Verliebtheit, über die Mads anfangs noch schimpfte. Ein echter Wermutstropfen, denn bis dahin lebte die Geschichte von ihrer Realitätsnähe, von großen und kleinen Katastrophen, von glaubhaft unperfekten Charakteren. Trotzdem: Ein nettes Buch für lange Winterabende.

Eine Antwort to “Michel Birbaek: Die Beste zum Schluss”

  1. Grete_o_Grete September 23, 2010 um 6:01 pm #

    Sehr schöne Rezension, vielen Dank dafür :-).

    Dein Blog kommt direkt in meinen FeedReader, denn was ich hier bislang lese, gefällt mir ausnehmend gut. Da freut man sich auf die nächsten Rezensionen.

    Gruß von der Grete

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