Petra Nadolny: Alles Neiße, Oder?

15 Nov

„Die DDR war natürlich kein Märchenland, sondern ziemlich real, und jeder, der dort gelebt hat, kann seine eigene Geschichte erzählen. Meine begann zu der Zeit, als Walter Ulbricht und Erich Honecker schon heimlich von der Mauer träumten und die ersten fabrikneuen Autos der Marke Trabant P50 über die holprigen Straßen tuckerten. Die VEB Chemiefaserkombinate hatten eine Kunstfaser entwickelt, die sie in Anlehnung an den Namen ihres Standortes Dederon tauften, und die dafür sorgte, dass seitdem alle weiblichen Erwachsenen in meiner Umgebung in geblümten Kittelschürzen steckten.“

„Alles Neiße, Oder?“ ist keine reine Autobiographie, besteht aber, wie es die Autorin sagt, aus „autobiographischen Geschichten, die so waren oder so hätten passiert sein können.“ Geschrieben in gewohnt humorvoller Art sind Nadolnys Erinnerungen lustig, aber auch nachdenklich. Aufgewachsen in einem kleinen Ort in Mecklenburg-Vorpommern träumt die Autorin davon, irgendwann als Journalistin um die Welt zu reisen. Der Traum scheint zum Greifen nah, als sie, nach Polytechnischer Oberschule und fünf Wochen Ausbildung im Zivilverteidigungslager, zum Studium nach Leipzig geht. Schließlich wird ihr klar, dass sie in der DDR nicht bleiben kann, wenn sie die Wahrheit schreiben will…

Schön an diesem Buch ist vor allem, dass sie die DDR und auch ihre eigene Geschichte weder verklärt noch dramatisiert. Nadolny erhebt nicht den Anspruch, die unterschiedlichen Systeme moralisch zu bewerten, was sehr entspannend ist. Störend waren für mich persönlich die Dialoge, die im Dialekt geschrieben wurden, aber das ist schließlich immer Geschmackssache. Illustriert wird „Alles Neiße, Oder?“ von vielen privaten Bildern, die wunderbar zu den Geschichten passen. Alles in allem ein unterhaltsames Buch, sowohl für Ost- als auch Westdeutsche. Das letzte Wort dazu hat aber natürlich Elke H.:

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